Foto: Sonja Tucinskij

Partizipative Kunst in Zeiten der Isolation

am 31. März 2020 | in Allgemein, Resonanzen, Wagnisse des Neuen | von | mit 2 Kommentaren

Partizipative Kunstprojekte leben von Austausch, persönlicher Begegnungen und Resonanzen. Doch was bleibt davon in der Krise?

Die Corona Krise durchzieht zurzeit jede Faser unseres Daseins. Das öffentliche Leben ist weitestgehend heruntergeschraubt, es herrscht Kontaktverbot und rausgeht man nur zum Arbeiten, Einkaufen oder mal für einen Spaziergang. Ein harter Schlag für Kreative.

Als Reaktion darauf haben einige Kulturbetriebe ihre Arbeit ins Internet verlagert: Es gibt Übertragungen von Konzerten oder Theateraufführungen und Museen bieten digitale Führungen durch ihre Ausstellungen an. Die Resonanzen auf diese Angebote zeigen ganz deutlich, dass ein großes Bedürfnis nach dem Genuss von Kunst und Kultur besteht. Aber diese Konzepte lassen sich so nicht für partizipative Kunstprojekte übersetzen, da sie nur das Rezipieren beinhalten. Vielleicht ist noch eine Reaktion in Form eines Kommentars, „Like“ oder Emoji möglich. Aber Nähe und Augenhöhe, worauf die partizipativen Projekte basieren, sind nun mal nicht digital. Dadurch stellt sich die große Herausforderung, wie die Projekte mit dem nötigen Handlungsspielraum weiter gestaltet werden können und das Empowerment wirken kann.

 

Foto: Sonja Tucinskij

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Der Neurowissenschaftler und Psychiater Manfred Spitzer hat schon 2018 in seinem Buch „Einsamkeit, die unerkannte Krankheit“ beschrieben, welchen gravierenden Einfluss das Phänomen auf Körper und Seele der Betroffenen haben kann. Seine These: Wer einsam ist, erkrankt häufiger als andere Menschen. Vor allem ältere Menschen seien Teil der Risikogruppe, aber durch die Urbanisierung sind seiner Ansicht nach auch jüngere Menschen betroffen.
Und in Zeiten von Corona? Da lässt es sich wohl kaum eingrenzen, da alle potenziell gefährdet sind. Dabei sollten wir das vorgeschriebene Social Distancing nicht falsch verstehen: Ja, wir sollen uns voneinander distanzieren, aber nicht sozial, sondern nur räumlich. An dieser Stelle können partizipative Kunstprojekte andocken, um sinnliche Erfahrungen zu ermöglichen und die Gedanken zumindest für einen Moment woanders hinfließen zu lassen, anstelle von Nachrichten und Livetickern der Krankheitszahlen.

 

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„Die Krise als Chance zu betrachten“ wird dieser Tage häufig postuliert und mag für den Ein oder die Andere dieser Tage zynisch oder floskelhaft klingen, ist aber wohl genau das was uns jetzt weiterbringt. Anstatt zu überlegen, was man alles nicht machen darf, kann man neue Wege gehen. Chancen. Eine Chance, um zu verstehen, dass mit Kunst und Kultur auf verschiedene Arten umgegangen werden kann. Eine Chance, andere Formen der Partizipation zu finden, auch wenn sie zunächst kleinschrittiger erscheinen. Eine Chance, seine Gedanken auf den Kopf zu stellen. Der Shutdown hat schon gezeigt, dass Kunst & Kultur nicht an den Portalen der öffentlichen Einrichtungen endet. Es werden neue Räume entdeckt, zunutze gemacht und darin experimentiert. So wie der Frühling gerade alles zum Wachsen und Blühen bringt, geschieht dies auch mit den Ideen der Kreativschaffenden. Deshalb kann man gespannt sein, wie sich die partizipativen Kunstprojekte entwickeln. Denn auf Gegebenheiten zu reagieren, Potenziale erkennen und sie gedeihen zu lassen, ist die große Qualität von ihnen.

 

Foto: Sonja Tucinskij

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2 Antworten zu Partizipative Kunst in Zeiten der Isolation

  1. Dorothée Böcker sagt:

    Wir haben in dieser Corona-Zeit gerade ein kleines partizipatives Kunstprojekt auf Facebook gestartet.
    Es heißt Kaffee und Kunsten. Wochentags laden wir immer um 15h ein sich zuhause einen Kaffee oder Tee zu kochen und geben dann einen Kunst-Impuls und eine Idee für ein kleines eigenes Spiel / Schreibübung daheim. Entstandene Fotos und Texte teilen die Teilnehmer*innen dann jeweils unter dem Beitrag des Tages.

    https://m.facebook.com/profile.php?id=107479420885640&ref=content_filter

  2. Fee sagt:

    Der Beitrag weist eine wertvolle Perspektive auf die aktuelle Situation auf und zeigt, wie wichtig Soziales für die Kunst und Kunst für Soziales ist! Vielen Dank!

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