Nach einer Woche Arbeitspause wird die Mitmachstadt ab morgen weiter wachsen. Ruth Gilberger beschreibt die Ergebnisse der ersten Bauphase.
Eine Kirche mit einem abgeknickten Kreuz. Ein Friedhof mit Särgen und Kreuzen. Ein Ziehbrunnen. Ein Wald. Ein Park. Eine Pommesbude. Eine Bank. Mehrere Mäuse. Ein Rathaus, Radhaus, Rasthaus. Häuser: große, kleine, organische, historische, fiktive, spielerische, bedrohliche.
Eine Parkbank mit zwei Menschen, die sich umarmen. Ein Brunnen mit einer Ente. Pilze. Eine Gefängniszelle. Ein Gewächshaus. Brücken über Straßen. Eine Eisskulptur mitten auf dem Tonraum, einer unebenen Fläche, auf der sich in den Vertiefungen etwas Wasser in einer moosartigen Farbe sammelt. Ein Kanu.
Zwei zaghafte Straßen, die durch die Ansammlung der beschriebenen Dinge führen. Wie kommen die Dinge an die Orte und in welcher Zeit? Ist dieses schon Stadt? Was macht eine Stadt aus? Wer gestaltet die Stadt? Ist das Düren? Ist das wichtig? Was ist dir wichtig?
All dies sind Fragen, die sich dem Betrachtenden stellen, wenn man oder frau vor der Tonlandschaft, die ungefähr 3 x 3 m ausmacht und sich auf einer viel größeren silbernen Plastikplane befindet, steht. Fragen, die sich mit dem Projekt an sich, mit der Gestaltung von Stadt (und Düren) im Besonderen, aber vor allem auch mit der eigenen Person verbinden: fast jeder fragt sich, was er gestalten würde oder möchte, vielleicht auch, warum.
Diese prinzipielle Offenheit bei der gleichzeitigen Konkretheit der Dinge (nämlich der Gegenstände) und der Unbestimmtheit und Formbarkeit des Materials scheint eine glückliche Kombination von Startbedingungen für die aktive Beteiligung von Besuchern der Mitmachstadt zu sein.
Die Erkennbar- bzw. Wiedererkennbarkeit von bekannten Dingen (das sieht ja aus wie…, das ist ja…) scheint eine visuelle Stimulanz zu bewirken, die bei vielen (aber nicht bei allen) einen meist spontanen Impuls auslöst, selber etwas gestalten zu wollen. Interessanterweise hatten dann auch alle Besucher sofort eine Idee, was es sein sollte, womit sich auch die Warum-Frage erledigt: das Prinzip der Mitmach-Stadt ist so augenscheinlich (die Stadt gestaltet sich einzig und allein durch das Mitmachen) und zwingend, dass darüber nicht diskutiert werden muss.
Das Miteinandergestalten dieser Dinge und Gegenstände an einem Tisch führt dann eher nebenbei als zwangsläufig dazu, über die Benennung der Gegenstände sich auch über den Raum zu unterhalten, in dem die Gegenstände ihren Ort finden sollen. Dass in diesem Fall der Ort auf der Fläche als Umriss von Düren markiert ist, in deren Außenlinien sich dann wiederum die gestaltete Fläche aus Ton mit den Häusern und Gegenständen befindet, fordert die Gestaltenden heraus, für ihre Gegenstände einen Ort zu benennen, der immer in Beziehung zu dem nächsten Gegenstand steht.
Diese konkrete Beziehung von Gegenständen (Häusern) in Bezug auf den Raum (Stadt) fordert auch eine Beziehung von dem Gestalter zu den Dingen, zu dem Ort und zu sich selbst, ohne dass auch darüber gesprochen werden muss, aber kann. Und die Entscheidung über den Verbleib des gestalteten Gegenstandes ist jedem Einzelnen überlassen: er kann es verwerfen (und den Ton wieder zu dem Ausgangsmaterial machen), er kann es mitnehmen, er kann es dalassen (zum Trocknen und Brennen), oder er kann für seinen plastischen Beitrag einen Ort auf der Stadtfläche suchen, bestimmen und ihn dort mit der Grundfläche verbinden.
Und so gestaltet sich durch die gezielte Ansammlung der Dinge an diesem Ort ein Raum, der offen ist für alle Dinge und Gegenstände, damit Raum und Welt gestaltet und genau durch die Unterschiedlichkeit in der Summe die Unterschiedlichkeiten nicht aufheben will, sondern sie braucht, um das Ganze sichtbar zu machen.
Mit dem Aufbau des großen Schutzzeltes über der Fläche der Mitmachstadt ab Mittwoch gibt es nur eines: Mitmachen!