Zur Veröffentlichung „Hybride Kunststrategien und ihre Bewertbarkeit. Eine methodenkritische Reflexion zu partizipativer Kunst und den Möglichkeiten, Grenzen, Voraussetzungen und Konsequenzen ihrer Auswertung und Beurteilung“ von Isabel Rith-Magni.
Die jetzt auf der Publikationsplattform für Kunstgeschichte ART-Dok erschienene Studie hat eine lange, aber nicht unwichtige Vorgeschichte: Sie ist das Resultat einer mehrjährigen, intensiven und kollegial-konstruktiven Diskussion im Rahmen einer Kooperation der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft mit der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft. Evidente Ähnlichkeiten in der Namensgebung zeigen scheinbar offensichtliche verwandtschaftliche Beziehungen, insofern beide Institutionen mit dem Gebrauch des „und“ eine Beziehung herstellen bzw. ein Spannungsfeld markieren, das in ihren Aktivitäten bearbeitet werden soll.
Die von 2013-15 bestehende Kooperation hatte das Ziel, die Relevanz von partizipatorischen Kunstansätzen in Theorie und Praxis zu untersuchen. Dabei wurde in der Alanus-Hochschule am Institut für philosophische und ästhetische Bildung unter der Leitung von Prof. Dr. Gabriele Oberreuter, Lehrstuhl für Kunstgeschichte, die Transfer-Stelle „Partizipative Künste“ eingerichtet, die die Kunstwissenschaftlerin Dr. Isabel Rith-Magni mitverantwortete und deren Aufgabe es war, neben der Planung und Verortung von gemeinsamen Veranstaltungen auch Grundlagenforschung zu betreiben
Dahinter stand die Idee, Auslobungen und Projekte der Stiftung (kunst-)wissenschaftlich beratend und flankierend begleiten zu können. Nur, und das stellte sich bald für alle Beteiligten heraus, war und ist das gar nicht so einfach: Das heterogene Feld der partizipativen Künste mutierte zunehmend zu einem Gewässer, das mit unterschiedlichen Bootstypen befahren wurde in einem eleganten Schlingerkurs zwischen Navigieren und Driften. Wobei das Ziel nicht ein-deutig benannt wurde oder benannt werden konnte – oder man dies vermeiden wollte. Stellte sich doch zunehmend die Frage, welche Qualitäten eine ergebnisoffene, prozessbasierte und häufig auch gattungsübergreifende Kunstform in einem spezifischen Projektsetting aufweist und wie diese denn zu beschreiben bzw. zu kategorisieren wäre: Die Komplexität der Ausgangslage verlangte nach einer Systematisierung, deren Form, für kontroverse Diskurse sorgte. War ein Ende der Freiheit der Kunst in Sicht oder die Aufgabe ihrer zugunsten einer linearen wirksamkeitsorientierten Effizienzstrategie?
Tatsächlich sollte eine „Matrix der partizipativen Künste“, wie sie mir vorschwebte, trotz der möglichen Missverständlichkeit des von mir verwendeten Arbeitsbegriffs, kein tabellarisches Maß annehmen, auf der Erfolgsfaktoren und Misserfolgsindikatoren einfach an- und abgehakt werden könnten (was für viele (Förder-)Institutionen ein ersehntes und erfolgsversprechendes Tool auch zur Vergabe von Zuwendungen sein könnte). Die ersehnte „Matrix“ sollte die Form einer qualitativen Erforschung und Benennung von „Koordinaten im Gewässer der Partizipation“ haben, um bestenfalls Gelingensvoraussetzungen für partizipative Projekte einfacher erkennen und benennen zu können.
Dass dies bei einer hybriden Ausgangslage (nämlich unterschiedlichen Bewertungskriterien innerhalb des Systems „Kunst“ und des Systems „Gesellschaft“) und einem sehr heterogenen künstlerischen Feld kein einfaches Unterfangen war und ist, zeigen in einer großen Komplexität die vorliegenden Ergebnisse der Studie von Isabel Rith-Magni, die mit großer und kritischer Beharrlichkeit, Ausdauer und Akribie sich der Erörterung dieser Fragestellung auch nach Ende der Kooperation widmete.
Doch zwischendrin kamen wir zu drei vergleichsweise einfachen Erkenntnissen:
Die erste war, dass die „Matrix“ dreidimensional gedacht als „Helix“ genau den „roten Faden“ charakterisieren würde, der Anknüpfungspunkte für die variablen Gelingensfaktoren von partizipativen Kunstprojekten bietet.
Die zweite Erkenntnis, dass es im Sinne einer „artistic research“ ein lohnendes Unterfangen sein könnte, dafür keine traditionell wissenschaftliche, sondern eine künstlerische Form zu finden.
Und die dritte: dass es immer wieder lohnend und bereichernd ist, die gewohnte Perspektive zu verlassen, um „Möglichkeitsräume“ zu erörtern und deren Grenzen auch kritisch zu denken.
In jedem Falle ist es für alle Interessierten mehr als lohnenswert, sich die Studie als pdf herunterzuladen unter:
http://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2017/4948
Die Studie wurde von der Stiftung unterstützt, um auch hier möglichst allen Interessierten den Zugang zu Kunst und Kultur zu ermöglichen und diesen dann wieder zu teilen: Kommentare, Rückmeldungen, Diskurse und Ergänzungen sind ausdrücklich erwünscht!
Sehr interessant!