Foto: anonym mit einer Einwegkamera im Innenhof der JVA Köln-Ossendorf aufgenommen.

Drinnen. Partizipative Kunst in der JVA

am 18. November 2015 | in Dialog und Teilhabe, Perspektive Armut | von , UND | mit Ein Kommentar

„Drinnen trifft Draußen“ ist das partizipative Kunstprojekt der Alanus-Studentinnen Theresa Herzog (Kunstpädagogik) und Sarah Arend (Kindheitspädagogik) zusammen mit Diana Dauer, Lehramtsstudentin an der Universität zu Köln. Gemeinsam mit Insassen der Justizvollzugsanstalt Köln-Ossendorf möchten sie die Besucherzonen gestalten, den Dialog und Austausch zwischen Drinnen und Draußen fördern.

„immer dieses Klak
Klak. das ist so in meinem Kopf drinnen.“
aus einem Brief, anonym

Irgendwie deplatziert steht dort dieser kleine Unterstand vor dem Betonriesen mit türkisfarbener Fensterfront. Und da stehen wir, zunächst einmal scheinbar ebenso fehl am Platz hier draußen. Eine Bank, ein Tisch mit ein paar Zetteln und einem Stift, ein Stuhl, Aschenbecher und die Gewissheit, dass man hier ungefragt tatsächlich nichts anderes tun kann als warten.

Als wir das erste Mal hierherkommen, setzen wir uns auf die Holzbank in dem kleinen Glaskasten und blicken auf die verspiegelte Front der Anstalt. Der Geruch von kaltem Rauch verbindet sich mit dem Gefühl, schon jetzt von dort drinnen beobachtet zu werden. Den einzigen Hinweis darauf, was sich hinter der sich von links nach rechts schier endlos erstreckenden Mauer und der verspiegelten Fensterfront direkt vor uns verbirgt, liefert der Metallgriff der Tür, die offenbar Zutritt ins Innere gewähren könnte: JVA. Weiter nichts.

Das, was zunächst einer stillgelegten Bushaltestelle gleicht, ist tatsächlich ein Ort, den täglich Dutzende Menschen passieren. An dem letztendlich aber doch alle mit ihren Gedanken allein sind in den Minuten, in denen sie darauf warten, einen kurzen Moment mit den Menschen zu teilen, die ihnen sonst so nahe stehen und jetzt so weit weg sind. Besuchszeit in der JVA Köln-Ossendorf. Oft sind Kinder unter den Besuchern. Bei uns machen sich Nervosität und Anspannung breit, während wir warten und uns die eigenen Spiegelbilder aus den Scheiben gegenüber entgegenstarren.

„Seid dem ich im Knast bin,
Fühle ich mich in mir selbst
gefangen.“
aus einem Brief, anonym

Während wir durch die Sicherheitskontrollen gehen, sehen wir Spuren aus dem letzten Jahr. 2014 hatten Studierende der Alanus Hochschule im Rahmen des Projektes „Bindungsräume“ einige Umgestaltungen im Besuchsbereich vorgenommen, die Kindern ihre Besuchszeit im Gefängnis erleichtern sollten. Bärenpfoten weisen den Weg durch das Gitterlabyrinth, ein für die JVA konzipiertes Kinderbuch ermöglicht eine thematische Auseinandersetzung mit dem Thema Inhaftierung, große Gemälde erinnern – an Wald, Natur, die Jahreszeiten.

Gefördert von der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft, Morning Tears Deutschland und KRASS e.V. haben wir die Möglichkeit bekommen, mit dem Projekt in die nächste Runde zu starten. Unser Ziel ist es vor allem, partizipativ mit Inhaftierten in den Werkstätten der JVA zusammenzuarbeiten und gemeinsam eine Aufwertung der Besuchsräume zu bewirken. Wir möchten damit die Begegnung von „Drinnen und Draußen“ in eine positivere Richtung lenken, sodass auch unter den schwierigen Bedingungen eines Besuchs im Gefängnis Bindungssituationen zwischen Eltern und Kind entstehen können. Wir möchten dem „Draußen“ erleichtern das „Drinnen“ zu verstehen und vor allem auch dem „Drinnen“ eine Stimme geben. Wir möchten zeigen, was im Inneren eines Gefängnisses abseits von allen Vorurteilen, Ängsten und Ideen existiert, bzw. möglich sein kann.

„Hallo liebe Freunde
So mir sind noch einige wichtige Dinge eingefallen
eigentlich ist Knast eine Gewöhnungs Sache“
aus einem Brief, anonym

Der Kleinstaat Gefängnis hat natürlich seine ganz eigene Bürokratie. Nach langer Vorbereitungsphase laufen die Aktionen jetzt aber auf Hochtouren. Der Gefängnisalltag wird während eines Fotoprojektes festgehalten; sehr pur. Ehrlich. Die Bilder werden den Besuchern im Wartehaus vor der JVA bald die Möglichkeit geben, einen ganz besonderen Einblick in das jetzige Leben ihrer Vertrauten zu gewinnen. Dabei sind viele Impulse von den Gefangenen selbst gekommen, unter anderem die Idee, auch Texte in das Bildmaterial einzubinden und den Menschen so eine Stimme zu geben.

Im Langzeitbesuchsraum tut sich ebenfalls einiges, um insbesondere Kleinkindern und ihren Eltern mehr Raum und Atmosphäre für die wenige und kostbare Zeit zu gewähren, die sie miteinander teilen.

„Das muss noch einmal feiner abgeschliffen werden, ich will nicht, dass sich die Kinder daran noch wehtun.“

In der Holzwerkstatt entstehen jetzt neue Spielsachen für die Kurz- und Langzeitbesuchsräume – mitentwickelt und umgesetzt von weiblichen Inhaftierten in Untersuchungshaft. Außerdem bauen wir eine neue Sitzgelegenheit, welche die Wartezeit etwas angenehmer gestalten soll. Es wird emsig geschnitten, geschliffen und gepinselt.

Bis Dezember arbeiten wir noch in der Holzwerkstatt. Unser Kunstprojekt mit Inhaftierten zum Thema Jugendträume und -sehnsüchte beginnt in den nächsten Tagen. Von den Ergebnissen werden wir berichten.

„Mahlzeit.“

 

Foto oben: Im Rahmen des Projekts anonym mit einer Einwegkamera im Innenhof der JVA Köln-Ossendorf aufgenommen.

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