Abformungen eines Resonanzkörpers. Die Studierende Cora Groos denkt zurück an ihre Zeit im ResonanzCAMP 2021. Zusammen mit Kristina Haberland führte sie eine Performance durch, während der die teilnehmenden Studierenden mit ihr als Resonanzkörper in Kommunikation gehen konnten. Es folgt die künstlerische Dokumentation ihres Beitrags zum Camp, das vom 30.07.-01.08.2021 als Auftakt der GreifsWALder Resonanzen stattfand.
Greifswald und die Resonanz. Wenn ich es mir so recht überlege, dann habe ich selten in meinem Leben so oft das Wort Resonanz benutzt oder gehört wie an diesen drei Tagen. Wenn ich an Greifswald zurück denke, fallen mir viele Worte ein. Davon stehen und gehen sie allerdings alle in Verbindung mit der Resonanz.
Freitag Mittag.
Alle kommen an. An einem Ort, der mir völlig unbekannt ist. Ich muss gestehen, dass ich die letzten Tage vor dem Camp häufig „Greifswald Straze“ eingegeben habe und mir von oben den Ort ein wenig erschlossen habe. Wirklich in Verbindung bin ich nicht gegangen. Und nun stehe ich hier im Schotter. Und mich schauen Augenpaare an die ich nicht kenne, aber sie geben mir ein gutes Gefühl.
Freitag 14:00, ich biege in die Stralsunder Straße ein.
Das ich richtig bin merke ich sofort. Mich begrüßt ein Transparent an einem riesigen Gebäude. Es könnte einen einschüchtern, aber das Gegenteil passiert. Es strahlt ein willkommen sein aus. Später erfahre ich, dass es die Straze ist und wie viel Engagement in dem Projekt steckt. Ich bin begeistert.
Und nun stehe ich hier. Wir werden die nächsten Tage zusammen verbrin
gen und gemeinsam das Wort Resonanz füllen.
Ich bin aufgeregt!
Als alle da sind stellen wir uns kurz vor. Es wird schnell klar: Wir haben Lust auf die Spuren der Resonanz zu gehen. Als ersten Programmpunkt stellt ein Künstler sich und seine Arbeit vor. In mir kommt der Vergleich auf. Ist das auch eine Form von Resonanz? Ich bin mir unsicher, ob ich richtig hier bin. Ob meine Erfahrung als Künstlerin ausreicht.
Gespannt höre ich den Vortrag und merke immer mehr, was ich alles für mich aus seiner Praxis und Herangehensweise ziehen kann.
Die Frage kommt auf: Was für eine Künstlerin will ich eigentlich für diese Welt sein?
Es ist so viel, dass mir das Heft, was jede und jeder von uns bekommt, zu klein erscheint. Ich will nichts verlieren und alles aufsaugen.
Gemeinsam gehen wir durch Greifswald. Der Ort beeindruckt auf eine ganz besondere Art und Weise. Es erinnert mich an meine Heimat. Unsere Aufgabe ist es den Dom zu finden. Es ist beeindruckend wie etwas so großes Platz in einer solchen Stadt bekommt.
Das erste Mal schaffe ich es durchzuatmen. Es dämmert und wir sind nur unter uns als wir in den Dom gehen. Mitten in diesem mystischen Ort liegt er. Der WAL. Ich schlucke. Es ist der Tod der mich regelrecht anschreit. Es beeindruckt mich, wie Gil Shachar auf die Idee gekommen ist einen toten Wal abzudrücken. Ich merke, dass mich wieder die Herangehensweise beeindruckt. Abdrücke sind bisher immer sein Mittel gewesen, um sich Kontexte zu erschließen. Auch beeindruckt mich sein Blick auf die Methode: Es sei eine Momentaufnahme vom Leben, die dem Tod näher scheint als wir es glauben, sagt er.
Ich werde nicht müde den Wal anzuschauen und ihm näher zu kommen.
Ich denke über meine Abdrücke nach und was ich denke. Sind sie wirklich tot für mich?
Eine Momentaufnahme? Ja, das sind sie. Sie zeigen Dinge auf, die erst durch den Stillstand sichtbar werden. Für mich ist es vielmehr ein Innehalten, als ein Tod.
Am Abend lerne ich die Anderen besser kennen. Jede Person aufihre eigene Art hier ist mit dem Thema Resonanz unterwegs. Im Laufe der nächsten Tage werden wir über Workshops uns und unsere Praxis noch genauer kennenlernen. Ich freue mich auf die Anderen und was ich von ihnen lernen kann.
Morgens schlüpfe ich aus meinem Zelt. Leckeres Frühstück wartet auf uns. Am Tisch ist immer noch der Wal das Gesprächsthema. Es scheint als wäre es ein Marathon der Ereignisse. Wir fahren mit dem Bus in den Stadtteil Schönwalde. Gemeinsam mit der Künstlerin Nicola Schudy bauen wir an ihrem Projekt Kauri. Wir flechten Holzelemente ineinander. Ich höre ihr zu und merke, dass auch sie eine Methode gefunden hat, die sich durch alle ihre Arbeiten zieht. Es ist der Aspekt der Zeit und das Aufladen von Materialien durch Zeit. Ich frage mich: Was ist meine Methode aktuell?
Es werden den ganzen Tag verschiedene Workshops angeboten und immer mehr lerne ich die Menschen kennen, die gestern irgendwie noch so fremd waren. Es macht deutlich, wie schnell wir in Resonanz gehen können. Vielleicht ist Resonanz die Bereitschaft mit Teilen von meinem Gegenüber vollkommen in Verbindung zu treten.
Am Ende des Tages sitzen wir beisammen. Essen und Tanzen bis die Beine müde sind. Ich merke, dass diese Zeit Fragen in mir aufgeworfen haben, die größer sind als ich gedacht hätte. Wenn ich alle da so tanzen sehe, dann merke ich, dass es um Ausdruck geht. Wie drücken wir uns aus? Wie werden oder machen wir uns sichtbar in unserem Umfeld? Ich merke, dass Resonanz ein Weg ist, um genau dahin zu kommen.
Am nächsten Tag löst sich alles auf und die Zeit scheint ein wenig wie ein Traum, den wir alle gleichzeitig geträumt haben.
Bei der gemeinsamen Reflexion wird immer wieder deutlich, dass alle ein großes Bedürfnis nach Vernetzung haben. Sie wollen verbunden bleiben und es schaffen, dass der Traum nach dem Aufwachen weiter leben kann.
Genau das ist es auch was ich mitnehme: In der Vernetzung sind wir nicht nur in Resonanz zueinander, sondern auch so viel mehr als alleine. Unser Wissen, die Möglichkeiten werden mehr und mehr.
Vielleicht ist das auch schon eine Methode?
[…] mit auf eine Reise ins Atelier und ihren künstlerischen Prozess, der ihrer performativen Arbeit ResonanzCAMP körper nachfolgte. Sie studiert derzeit freie Kunst in Weimar und war 2021 Teilnehmende des ResonanzCAMPs […]