Foto: Sonja Tucinskij

Flecken, die die Welt bedeuten

am 08. Juni 2020 | in Allgemein, Resonanzen, Wagnisse des Neuen | von | mit Ein Kommentar

Ein kleiner Exkurs oder eine Reise in die Welt der Flecken.

Ein Fleck ist eine Verfärbung, die sich deutlich von der Oberfläche, dem Material oder dem Medium unterscheidet, auf dem er sich befindet. Sie werden durch die chemische oder physikalische Wechselwirkung zweier unterschiedlicher Materialien verursacht. Die Färbung wird für biochemische Forschung, Metallfärbung und Kunst (z. B. Holzfärbung, Glasmalerei) verwendet.

Manchmal ist es gut eine Sache aus der Entfernung zu betrachten, um sie besser zu verstehen und manchmal auch wenn man ganz nah ist. Das wird auch Perspektivwechsel genannt und hilft einen abstrakten Abstand zu einem Ding oder einer Situation zu bekommen.

 

Foto: Judith Ganz

Wenn man den Erdball vom All aus betrachtet, sieht die Erde aus wie der sogenannte blaue Planet. Blau, wegen dem vielen Wasser, das mit Abstand blau wirkt, aber beim näheren betrachten doch in der Regel durchsichtig ist. Aber da schwimmt noch etwas dazwischen. Es sind die verschiedenen Kontinente, die wie Flecken, sich mal grün, mal grau oder gelblich, oder sogar noch manchmal weiß vom Blau abheben. Also eine fleckige Angelegenheit.

Wenn man sich der Erdkugel nähert, wird man immer wieder dem Fleck begegnen.

Ob es die in unserer Gegend schwarz- oder braungefleckten Kühe sind, rötliche Muttermale auf bekannten Politikerköpfen, ein scheinbar banaler Kaffeefleck auf der Tischdecke oder alte, plattgetretene Kaugummiflecken auf dem Asphalt. Wenn man genau hinschaut können die alten Kaugummiflecken auf dem dunklen Untergrund auch schon wieder in ihrer Mehrzahl an einen Sternenhimmel erinnern.

Alles hängt immer mit Allem zusammen.

 

Foto: Judith Ganz

Unsere Augen, unterscheiden sich von Tieren schon durch ihre Stellung. Es gibt Fluchttiere, die ihre Augen auf beiden Seiten des Kopfes tragen und sich das Bild dann im Gehirn zusammensetzen muss. Das Huhn, das nur sehen kann, wenn es den Kopf ruckartig bewegt. Der Stier, der Farbenblind ist. Wir haben unsere Augen nebeneinander liegend, wie ein Raubtier. Manche Tiere haben Augen, die einen 360 Grad Radius sehen können, wie Chamäleons. Manche Menschen (meistens die männlichen) sind Farbenblind, denn sie sehen eher Grau – und Brauntöne.

Manchmal ist man nicht einer Meinung welche Farbe ein Gegenstand hat – ist er mehr blau oder grün? Eher gelb oder orange? Durch die Beschäftigung mit Farbe als Malerin und dem Sehen ist mir bewusst geworden, dass es nicht selbstverständlich ist, dass alle das gleiche Sehen.

Viele Farben und Formen sind mit Erfahrungen verknüpft– aus welcher Gegend kommt man – gibt es viel Natur – Grüntöne oder graue Felsen, wie an der Steilküste Schwedens, wo man die Häuser farbig anmalt. Angemalte Häuser gibt es aber auch in Südamerika und Afrika. Dezentfarbige in Spanien und Deutschland. Knallrote Türe in England und Irland.

Jedem fällt eine Geschichte zu Farben und Häusern oder auch zu Kleidung ein. Benetton z.B. lässt seine Produktion je Land anders ausführen. Für Deutschland stellen sie mehr Pastelltöne her, für Italien werden kräftigere Farbtöne produziert. Aber genauso verhält es sich auch mit Häuserfassaden. Wer kennt nicht die malerischen, teilweise etwas abgeblätterten, rosetöne aus der Lagunenstadt Venedig. Innen sind die Häuser mit Terrazzofußböden wunderschön gestaltet. Heutzutage sieht man eher funktionalere Oberflächen, die abwischbar erscheinen.

Es ist alles eine Sache des Betrachtungswinkels.

 

Foto: Judith Ganz

Über die Jahrhunderte haben sich die Maler mit dem Sehen auseinandergesetzt. Wie setzt man Gedachtes und Gesehenes spannend und neu um und wie kann man Ideen von anderen Künstlern weiterentwickeln oder etwas ganz Neues behaupten.

Das Auge setzt Fleck an Fleck zusammen. Es gibt keine Linien in der Natur. Bei einem weißen Ei vor einer weißen Wand sieht man ja auch keine Linie. Man sieht Flächen von weißen und grauen Schattierungen, die einem die Information einer Wölbung oder einer Wand vermitteln. Es gibt den blinden Fleck in unseren Augen, einen Punkt auf unserer Netzhaut, der keine Informationen weiterleiten kann, aber unser Gehirn ist in der Lage, die fehlenden Informationen über das jeweilig andere Auge und ‚Berechnungen‘ im Gehirn nachzubilden und somit ein vollständiges Abbild der optisch wahrgenommenen Wirklichkeit zu liefern. Als Babys sehen wir erst alles auf dem Kopf, erst unsere Erfahrung und unser Gehirn hilft uns die Welt so zu sehen, wie sie zu sein scheint.

Darum macht es Spaß die scheinbar einfachen Dinge zu beobachten, denn dabei sind schon viele Ideen gefunden worden.

Das Thema Fleck ist ein schier endloses Thema, es ist lohnenswert sich einen Moment damit zu beschäftigen und er wird einen ein Leben lang begleiten.

Leonardo da Vinci schreibt in seinem «Malereibuch» im 15. Jahrhundert : «Achte diese meine Meinung nicht gering, in der ich dir rate, es möge dir nicht lästig erscheinen, manchmal stehen zu bleiben und auf die Mauerflecken hinzusehen oder in die Asche des Feuers, in die Wolken, oder in Schlamm und auf andere solche Stellen; du wirst, wenn du sie nur recht betrachtest, sehr wunderbare Erfindungen in ihnen entdecken.»

 

Foto: Judith Ganz

Am 12.und 13. Juni zwischen 14-18 Uhr gestalten wir eine gemeinsame große Collage in der Projektzentrale Am Neumarkt 11/Ecke Stresemannstraße in Mönchengladbach-Rheydt. Fotokopien von Kaugummiflecken, von Kaffeeflecken oder geheimnisvolle Flecken auf unterschiedlichen Papieren könnt ihr zu euren Geschichten umwandeln, sie übermalen, eine Karikatur machen, sie überschreiben. Wir sind gespannt was Euch einfällt.

 

Foto: Judith Ganz

Eine Antwort zu Flecken, die die Welt bedeuten

  1. Manhardt Barthelmie sagt:

    Liebe Claudia, schöne Betrachtung, feines Projekt. Hat Spass gemacht, auch was der große Leonardo sagte. Dachte auch an dis dripping, alles Flecken.
    Manhardt

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