Guardians of the garden von Blanca Barbat & Lisa James. Foto: Jana Bauch

Guardians of the Garden

am 29. Januar 2025 | in ÜBENÜBENÜBEN³ | von UND | mit 0 Kommentaren

Im Rahmen des Programms „ÜBENÜBENÜBEN3“ hat die Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft in Zusammenarbeit mit dem städtischen Kulturbüro Mönchengladbach die Kunststudentinnen Blanca Barbat und Lisa James von der Kunsthochschule für Medien Köln eingeladen, den Maria-Lenssen-Garten im Stadtteil Rheydt künstlerisch und partizipativ zu erkunden. Vom 1. Mai bis zum 30. Juni 2024 setzten sie sich intensiv mit diesem Ort auseinander, durch offene Prozesse und den Austausch mit der Umgebung. In diesem Beitrag teilen die beiden Künstlerinnen ihre Erfahrungen, Eindrücke und Erkenntnisse aus dieser Zeit.

Verortung in Mönchengladbach Rheydt

Als wir das erste Mal das Metalltor zum Maria-Lenssen-Garten in Mönchengladbach Rheydt öffneten und den Garten betraten, spürten wir eine Art historisches Gewicht, das dem Ort anhaftete. Die geschützte Platane am Eingang verwies auf ihre Anwesenheit über mehrere hundert Jahre hinweg. Und auch das Gebäude, in dem wir für zwei Monate leben und arbeiten sollten, war ein denkmalgeschütztes im Bauhausstil, 1932 gebaut. 

Welche Gespräche hatten die Wände des Gebäudes mitgehört? Welche Szenen haben die Bäume im Garten erlebt? Die Sträucher, Schnecken und Amseln? Welche Menschen hatten Zeit in diesem Garten verbracht und wie? Wie sehen Bezüge zu den heutigen Erfahrungen aus? Als Kölner Künstlerinnen wollten wir erst einmal Schichten abtragen und Verknüpfungen finden, uns lokal verorten. 

Fundstücke

Guardians of the garden von Blanca Barbat & Lisa James. Foto: Jana Bauch

„Teilhaben, Mitmachen, Gestalten – Partizipation in der Kunst“, Montags Stiftung, Kulturbüro Mönchengladbach, Maria-Lenssen-Areal- Foto: Jana Bauch

Workshop I

Wir verbrachten Zeit im Garten, schauten, was da war, wer ihn besuchte, wie er genutzt wurde und was zurückblieb. Wir gingen ins Stadtarchiv, schauten uns die Lehrpläne und Praktikumsberichte der Schülerinnen an, die an der Staatlichen Handels- und Gewerbeschule für Mädchen ausgebildet wurden. Lasen Nazi-Propaganda aus der Zeit des 2. Weltkriegs, beschäftigten uns mit der sprachlichen Vielfalt in Rheydt, mit der Geschichte der Textilindustrie an diesem Ort. Wir setzten die realen Geschichten der Frauen neben fiktionale, schauten uns die Schicksale weiblicher Figuren in verschiedenen Mythologien an. Unsere Fundstücke verteilten wir im Garten, damit sie auch für andere Interessierte sichtbar wurden. Wir druckten die Texte auf taxonomische Schilder und gravierten Zeichnungen in quadratische Glaskacheln, die wir auf dem Gelände des Schloss Rheydt gefunden hatten.

„Teilhaben, Mitmachen, Gestalten – Partizipation in der Kunst“, Montags Stiftung, Kulturbüro Mönchengladbach, Maria-Lenssen-Areal- Foto: Jana Bauch

Inspiriert von dem gotischen Fassadenschmuck des Schloss Rheydt, von den Wasserspeiern, Gárgolas und Fantasiewesen, die die Altbaufassaden in den Rheydter Straßen zierten und das Innere der Häuser oft vor dem Unglück beschützten, fragten wir uns: Wie wären die Guardians für den Maria-Lenssen-Garten, was brauchte dieser Garten? Was würden die Guardians dem Garten bringen? Was würden sie säen? Welche Früchte könnten geerntet werden?Wir beschlossen, mehr Stimmen einzuholen und die Menschen vor Ort zu fragen. Wir spannten ein Stück Pflanzenschutzgewebe zwischen zwei Bäume im Garten und boten Stoffreste, Wollreste und andere Textilien an, die wir von einer Änderungsschneiderei und einem Ausstattungsgeschäft in Rheydt bekommen hatten. Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Rentner*innen stickten, klebten und nähten ihre Ideen und Früchte auf das Tuch, das wie ein Filter vor dem Garten hing.

Workshop II
In einem zweiten Workshop mit einer Berufsschulklasse vom Maria-Lenssen-Berufskolleg wurde das Gewebetuch weiter gefüllt, die Schüler*innen von der Kunstlehrerin Katja Konstanti nähten ihre Ideen und Früchte für den Garten auf den Stoff. Das Gewebetuch ist so lebendig wie der Garten und die Geschichte(n) Rheydts – angefangene Geschichten werden weitergesponnen, überschrieben und mit anderen verbunden. 

„Teilhaben, Mitmachen, Gestalten – Partizipation in der Kunst“, Montags Stiftung, Kulturbüro Mönchengladbach, Maria-Lenssen-Areal- Foto: Jana Bauch

„Teilhaben, Mitmachen, Gestalten – Partizipation in der Kunst“, Montags Stiftung, Kulturbüro Mönchengladbach, Maria-Lenssen-Areal- Foto: Jana Bauch

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Für die Schüler*innen des Berufskollegs ist der Garten Zufluchtsort, Gemüsegarten und Sportplatz zugleich. Sie haben alle eine persönliche Beziehung zu ihm, manche seit dem ersten Jahr am Berufskolleg, manche, die in Rheydt aufgewachsen sind, kennen ihn seit ihrer Kindheit. Im Workshop tauschen wir uns aus und erzählen von unserer Beziehung zum Garten. Im Anschluss suchen sich alle eine gravierte Glasscheibe aus, die sie anspricht. Dann finden sie einen passenden Ort im Garten und benutzen die Gläser als Filter – sie legen eine Geschichte über den heutigen Ort. Sie schreiben ein paar Sätze auf und reflektieren, woran sie gedacht haben:

Foto: Blanca Barbat & Lisa James

„Ich habe mir die Kachel mit den Spinnweben ausgesucht, weil man sie oft im Garten findet und in der Sonne oder nach dem Regen sehen sie immer total schön aus. Zudem finde ich ist es ein gutes Symbol für die Verwobenheit von allem. Egal wer oder was unser Guardian ist, wir sind irgendwie damit vernetzt. Auch in uns ist alles verwoben und vernetzt und alles gehört irgendwie zusammen. Letztendlich weiß man aber nie was der Anfang und was das Ende ist […]. Und als Hintergrund habe ich das alte Gebäude genommen, weil ich verlassene Orte total interessant finde. Sie wurden nämlich genutzt und haben eine Geschichte und sind dementsprechend auch in die Geschichte verwoben. Was ich damit sagen möchte ist, dass die Spinnweben für mich ein Symbol der Verbundenheit von allem darstellen.

Reflexion

Die zweimonatige Residency in Mönchengladbach Rheydt war für uns eine Chance, auszuprobieren, ob und wie wir gemeinsam künstlerisch arbeiteten. Bisher hatten wir nur in kleinerer Form kollaboriert – hier arbeiteten wir konzeptuell und im gesamten Prozess zusammen. Wir recherchierten gemeinsam und beschäftigten uns mit dem Ort. Wir lernten, dass es überall „Fundstellen“ gibt, wenn man danach Ausschau hält. Wir ergänzten uns gegenseitig mit unseren Fähigkeiten und lernten voneinander. Durch das gemeinsame Arbeiten konnten wir gegenseitig unsere Arbeitsprozesse – auch in stressigen Phasen – kennenlernen und Aspekte daran kritisieren; Schwachstellen ausmachen, die wir alleine vielleicht nie gefunden hätten. Wir arbeiteten effektiver zusammen. Und lernten, dem gemeinsamen Prozess zu vertrauen.

 

Danke

Bei unserem Projekt haben uns viele Menschen und Orte in Rheydt geholfen. 

Vielen Dank an:

Schloss Rheydt

Stadtarchiv Mönchengladbach

Der Lenßenhof

Die Änderungsschneiderei am Rheindahlen Mühlentorplatz

D.&M. KLOMP Raumausstatter

Katja Konstanti vom Maria- Lenssen Berufskolleg

Vielen Dank für die Betreuung und Unterstützung während der Residenz:

Irina, Sarah & Janne vom Kulturbüro Mönchengladbach

Sonja & Ruth von der Montag Stiftung Kunst und Gesellschaft

Fotos: © Jana Bauch

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